Wald mit Bach, 1888, Holzkohle und schwarze Kreide auf Papier, Sammlung Kunstmuseum Den Haag.

Diese Kohlezeichnung, Wald mit Bach, entstand unmittelbar nach der Grundschule, als Piet Mondrian sich auf die Prüfung für den Grundschulabschluss im Handzeichnen vorbereitete. Die Zeichnung entstand möglicherweise in Vorbereitung auf diese Prüfung, die er im Dezember 1889 im Alter von 17 Jahren ablegte. Sein Vater hatte ihn dazu überredet, die Lehramtsprüfung im Handzeichnen abzulegen; er zog es vor, dass sein Sohn eine Ausbildung machte und riet ihm davon ab, sein Leben ganz der Kunst zu widmen. Das Leben eines Künstlers wäre zu unsicher. Obwohl Mondrian wohl nicht ganz einverstanden war, befolgte er den Rat seines Vaters und bereitete sich gut auf die Prüfung vor. “Er hatte das frühere ‘Kinderzimmer’ in unserem Haus als Atelier eingerichtet und lernte bei uns”, sagt Carel Mondrian. Hier lernte Mondrian das perspektivische Zeichnen sowie die Stilisierung von Blumen und Pflanzen und vertiefte sich in Kunstgeschichte und Anatomie.

In dieser Kohlezeichnung ist der flüssige Zeichenstil von Mondrian senior einigermaßen erkennbar: runde Formen mit weichen Konturen und einem starken Hell-Dunkel-Kontrast. Mondrian senior zeichnete auch selbst; an der Schule, an der er unterrichtete, war er für seine schönen Tafel- und Kreidezeichnungen bekannt. Darüber hinaus fertigte Mondrian senior zwischen 1874 und 1913 mindestens zehn Fest- und Gedenktafeln an, die in großer Zahl gedruckt und verbreitet wurden. Er besaß auch die Lehrbefähigung für Handzeichnen. Mit seinen runden Formen, weichen Konturen und starken Hell-Dunkel-Kontrasten weicht Wald mit Bach von den akademischen Zeichentraditionen der Zeit ab. Die Blätter, Felsen, der Boden und das Wasser werden kaum charakterisiert. Die Darstellung tendiert eher zu suggestiven Bildern als zu exakten Bildern. Nach Ansicht von Kritikern, die auf Mondrians künstlerische Laufbahn zurückblicken, befindet sich Mondrian 1888 an diesem Punkt: “am Anfang einer langen Periode, in der er sich die Kunst des Zeichnens zu eigen machen wollte, mehr angetrieben von einer großen Portion Energie und Enthusiasmus als von einem ausgeprägten Talent”.